Wiener Tennisverband
Billie Jean King Cup

Marion Maruska im Interview: „Es ist für mich ein Kampf auf Augenhöhe“

Die ÖTV-Teamkapitänin blickt schon gespannt Richtung Billie Jean King Cup gegen Mexiko.
Verfasst von: Manuel Wachta, 06.11.2023
© GEPA pictures / Walter Luger
Marion Maruska

Und sieht die Chancen besser als vor einem Jahr gegen Lettland, als man durch einen 3:2-Überraschungssieg im Multiversum Schwechat, Niederösterreich, die Finalturnier-Qualifikationsrunde erreicht hatte.

Nach der 0:4-Niederlage in Delray Beach gegen Gastgeber USA im April unternehmen die ÖTV-Damen in diesen Tagen mit Sinja Kraus, Tamira Paszek, Tamara Kostic und Melanie Klaffner den Versuch, ein zweites Mal in Folge die Qualifikationsrunde zu den Billie Jean King Cup Finals 2024 zu erreichen. Am 11./12. November empfängt die Mannschaft von ÖTV-Sportkoordinatorin Marion Maruska im Multiversum Schwechat auf Sand Mexiko. Im Interview spricht Österreichs Teamkapitänin über diesen bevorstehenden Länderkampf und auch über die aktuelle Situation im heimischen Damentennis.

Marion, in fünf Tagen geht’s los mit dem Billie Jean King Cup gegen Mexiko. Wie blickst du diesem Play-Off denn entgegen?

Mit viel Vorfreude. Ich glaube, dass wir schlagbare Gegnerinnen haben. Trotz alldem hat Mexiko, unter allen nominierten Spielerinnen, mit Renata Zarazúa die laut WTA-Ranking bestgereihte Spielerin in seinen Reihen. Und auch ihre Nummer zwei im Team, Fernanda Contreras Gómez, war vor ca. 13 Monaten noch deutlich unter den Top 200 der Welt, auf damals Platz 139. Leicht wird es also sicherlich nicht.

Und die ÖTV-Damen müssen erneut ohne ihre Nummer eins Julia Grabher auskommen, die aufgrund ihrer Handgelenksoperation für die restliche Saison ausfällt. Siehst du die Chancen trotzdem besser als im Vorjahr an selber Stelle gegen Lettland?

Ja, ich denke schon. Es ist für mich gegen Mexiko ein Kampf auf Augenhöhe. Hoffentlich wieder mit dem besseren Ende für uns. Letztes Jahr waren wir sicherlich die Underdogs. Heuer stehen die Chancen eigentlich bei 50:50. Aber der Ausfall von Julia, der schmerzt natürlich. Sonst wären wir eindeutig in der Favoritenrolle.

Wie sehr hast du dich mit den Gegnerinnen befasst?

Live habe ich die Mexikanerinnen bislang noch nicht gesehen. Sie spielen hauptsächlich in den USA, viel auf Hartplatz, aber auch mal auf Sand. Ich habe mir schon viele Videos von ihnen angeschaut, besonders von Zarazúa und Fernanda Contreras Gómez – jenen zwei, die wohl in den Einzeln spielen werden. Ich habe auf ihre Stärken und Schwächen geachtet. Bei Zarazúa waren allerdings viele Matches gegen Topspielerinnen, da ist das manchmal schwer einzuschätzen. So etwa hat sie bei den French Open in Paris 2020 in der zweiten Runde gegen Elina Svitolina (ehemalige Nummer drei und aktuelle Nummer 25 der Welt; Anmerkung) gespielt und dabei sogar einen Satz gewonnen.

Der Blick auf die eigenen Reihen ist aktuell aber auch durchaus erfreulich. Österreichs Damen scheinen gut in Form zu sein, oder?

Von den Resultaten her ist die Tendenz in den letzten Wochen nach oben gegangen. Vor allem natürlich bei Sinja Kraus. Dass sie ausgerechnet in der Woche vorm Länderkampf bei einem ITF-W40-Turnier in Heraklion ihren bisher größten Titel holen konnte, wird ihr sicherlich eine Menge Selbstvertrauen geben. Mit Melanie Klaffner hat sie außerdem im Doppel hintereinander ein Finale und ein Semifinale verzeichnet. Und Tamara Kostic hat bei einem ITF-W15-Event in Sharm El-Sheikh das Einzel-Halbfinale und das Doppelfinale erreicht. Bis auf Tamira Paszek, die beim ITF-W25-Turnier in Solarino im Achtelfinale nur gegen die spätere Finalistin verloren hat, waren alle unsere Damen bis zum Ende dieser Turnierwoche zumindest sehr gut im Rennen. Das gibt auf jeden Fall Selbstvertrauen für die nächste Woche.

Mit Kostic hast du auch eine Debütantin nominiert, die mit ihren 17 Jahren heuer zuvor schon ihr erstes internationales Damenturnier gewinnen konnte, ein Endspiel sowie ein weiteres Halbfinale erreicht hat. Was ist von ihr in den nächsten Jahren zu erwarten?

Ich würde mir schon einiges von ihr erwarten. Vor allem, dass sie sich weiter kontinuierlich verbessert. Es geht meist nicht von heute auf morgen mit Riesensprüngen im Ranking nach vorne – so wie es Sinja im Vorjahr mal geglückt ist. Ich hoffe aber, dass Tamara bald mal an den Top 400 kratzen wird und sich Jahr für Jahr weiter verbessern kann. Dann werden wir sehen, wohin die Reise geht.

Vor allem in den 90er-Jahren wurde Österreich ja mit unzähligen Top-100-Spielerinnen und auch Spitzenspielerinnen verwöhnt. Wo siehst du Österreichs Damentennis denn im Moment? Auf jeden Fall besser als noch vor fünf Jahren dastehend, oder?

Ja, definitiv. Es ist generell eine eindeutige Tendenz nach oben erkennbar. Nicht nur weil wir mit Julia Grabher wieder eine WTA-Top-100-Spielerin haben. Es kommen auch noch ein paar Jüngere nach. Wir haben natürlich nicht mehr diese Breite wie im Vergleich mit den 90er-Jahren. Aber wir haben wieder einige aussichtsreiche Spielerinnen, die sich zu 100 Prozent und frühzeitig aufs Profitennis vorbereiten. Und das ist auch nötig und sehr wichtig, denn die Dichte im Damentennis ist in den letzten Jahren enorm gestiegen.

Wer sind denn die Spielerinnen, denen du eine erfolgreiche Profikarriere ganz besonders zutraust und wir in weiteren fünf Jahren vielleicht in den WTA-Top-100 sehen könnten?

Das ist eine schwierige Frage. Es gibt einige Verletzte, auf die es für mich zuträfe. Etwa Mira Antonitsch, die auch die Schläge hätte, um nach vorne zu kommen. Auch eine Mavie Österreicher könnte viel weiter vorne stehen, wenn sie mal eine verletzungsfreie Saison hätte. Lilli Tagger bereitet sich seit Jahren sehr professionell auf ihre Profikarriere vor, da bin ich sehr gespannt. Und auch Anna Pircher trainiert in ihrem jungen Alter von erst 13 Jahren schon sehr professionell und ist bereits sehr weit. Diese Spielerinnen stechen sicher hervor. Es gibt aber auch ein paar andere Talente, die es noch schaffen könnten. Immer wieder gibt es ja auch Spätzünderinnen, die plötzlich noch nach oben schießen.

Wo siehst du die ÖTV-Damen im Billie Jean King Cup mit der derzeitigen Personaldecke? Als potenziell etablierte Kraft zumindest zwischen Play-Off und Qualifikationsrunde zum Finalturnier oder doch noch als Fahrstuhlnation mit Blickrichtung Europa/Afrika-Zone?

Ich denke, es kommt derzeit sehr auf Julia an. Wenn sie nicht verletzt wäre, dann ist sie eine sehr starke Spielerin. Und Sinja ist noch sehr jung und wird sich weiterentwickeln. Wir hatten im Vorjahr sicherlich ein bisschen Glück, dass wir raufgekommen sind, auch weil Russland und Belarus durch den Krieg in der Ukraine ausgeschlossen worden sind und wir den Platz im Play-Off geerbt haben. Aber man muss sich so eine Chance auch erst mal erarbeiten und sie dann nützen, und das haben wir getan. Man muss sagen, dass in der Europa/Afrika-Zone viele Nationen mit einer sehr guten Spielerin oder teils auch zwei guten Spielerinnen sind, die ich wohl nicht unter uns einstufen würde …

… und die trotzdem nicht den Aufstieg schaffen.

Ja, da gehört auch mal etwas Glück dazu. Ich sehe es so: Im Moment ist es in unserem Fall vielleicht ein bisschen glücklich, dass wir sind, wo wir sind. Aber ich erkenne schon das Potenzial dafür, uns auch außerhalb der Europa/Afrika-Zone etablieren zu können.

Das Programm zum Billie Jean King Cup Österreich – Mexiko

Freitag, 10. November, 11:00 Uhr: Official Draw (live ab 11:00 Uhr auf ORF SPORT+)
Samstag, 11. November, 13:00 Uhr: Beginn 1. Spieltag (ab 12:55 Uhr live auf ORF SPORT+ und auf www.oetv.tv)
Sonntag, 12. November 13:00 Uhr: Beginn 2. Spieltag (ab 13:00 Uhr live auf ORF SPORT+ und auf www.oetv.tv)

| GEPA pictures / Walter Luger
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