Generali Open Kitzbühel: ATP-Traumdebüt geht weiter – Misolic im Halbfinale
Der Erfolgslauf von Filip Misolic geht munter weiter: Der 20-Jährige hat, bei seinem ATP-Debüt, beim Generali Open Kitzbühel mit seinem dritten Sieg sensationell das Semifinale erreicht. Der Steirer (ATP 205) zwang zum zweiten Mal in Serie einen Spieler aus den Top 100 der Welt in die Knie und behielt in dem letzten Viertelfinale gegen den Serben Dusan Lajovic (ATP 80), immerhin Finalist des ATP-Masters-1000-Turniers in Monte Carlo 2019, mit 2:6, 7:6 (5), 6:3 die Oberhand. Misolic, der lediglich dank einer Wildcard ins Hauptfeld gelangt war, hält hiermit als letzter Österreicher im Einzel die rot-weiß-rote Fahne hoch, nachdem Dominic Thiem am Donnerstagabend im Viertelfinale nur knapp ausgeschieden war. Der Grazer soll nun am Freitag noch ein zweites Mal antreten und erhält hierbei die Möglichkeit, Thiem zu revanchieren: Er fordert, nach dem ersten Semifinalspiel zwischen den beiden Spaniern Roberto Bautista Agut (ATP 20) und Albert Ramos-Vinolas (ATP 52), den aufschlagstarken Deutschen Yannick Hanfmann (ATP 140), den Kitzbühel-Finalisten von 2020. Hinter der geplanten Austragung am Freitagnachmittag (nicht vor 15:45 Uhr) steht allerdings wetterbedingt ein Fragezeichen.
„Das Gefühl ist unglaublich“
Vor den neuerlich sehr gut gefüllten Zuschauerrängen des Center Courts fand Misolic im ersten Duell mit Lajovic zunächst lange keine Mittel. Zu sicher und druckvoll agierte sein erfahrenes, 32-jähriges Gegenüber fast zwei Sätze lang. Der Schützling von Ante Andric, der immer wieder in der Südstadt bei ÖTV-Sportdirektor bzw. -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer trainiert und vor Ort in Kitzbühel von Touring Coach Lorenz Fink betreut wird, gab seinen Aufschlag zum 1:2 und – nach zwei vergebenen Rebreakbällen im nächsten Spiel – zu null zum 2:5 ab. Und auch im zweiten Durchgang lief er durch seinen Serviceverlust zum 1:2 längere Zeit einem Rückstand hinterher. Doch nachdem er bei 2:3 zwei Chancen zum Ausgleich noch ausgelassen hatte, machte er im Finish aus einem 3:5 – dank toller kämpferischer Leistung und auch ein wenig Mithilfe seines jetzt fehlerhafter werdenden Kontrahenten – beinahe ein 7:5. Misolic verspielte aber bei 6:5 und 15:40 zwei Satzbälle bzw. im Tiebreak eine 4:1- und 5:3-Führung. Bei 5:5 geriet ihm ein Stoppball viel zu lang. Statt diesen trocken wegzuspielen, spielte Lajovic ihm jedoch mitten in den Lauf. Misolic gelang der trotzdem nicht leichte Passierball und er nützte im Anschluss seinen gesamt dritten Satzball.
Das Momentum nahm der ATP-Debütant gleich in den Entscheidungssatz mit, er breakte Lajovic zu null zum 1:0 und spielte die Führung anschließend weitgehend solide und cool heim. Einzig bei 4:3 und 15:40-Rückstand musste er nochmals zwei Breakmöglichkeiten abwehren, was mit dem Publikum im Rücken gelang. Im nächsten Game erspielte er sich schließlich nach zwei Gamebällen Lajovics den ersten Matchball, den er unter tosendem, begeistertem Applaus sogleich verwertete. „Das Gefühl ist unglaublich, ich kann’s selbst noch nicht ganz glauben, dass ich im Semifinale von Kitzbühel stehe“, zeigte sich Misolic in seiner ersten Reaktion, beim Siegerinterview auf dem Court, noch ganz ungläubig und aufgewühlt. „Ich war schon richtig nervös am Anfang. Ich war einen Satz und 4:5 hinten mit Break, aber ich wollte noch auf dem Platz sein, ich wollte es noch genießen, mit dem Publikum und der Kraft, das es mir gibt.“ Tatsächlich gelang ihm letztlich die Aufholjagd. „Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt im Semifinale spielen kann. Ich versuche, mich nun so gut wie möglich zu regenerieren, mental und physisch, und ich werde im Match gegen Yannick wieder mein Bestes geben.“ Ein leichtes dürfte die Aufgabe nicht werden, schon gar nicht körperlich: Während Hanfmann am Freitag noch nicht im Einsatz gewesen war, stand Misolic lange 2:23 Stunden auf dem Platz.
Von 1219 auf 158 in knapp einem Jahr und acht Monaten
Mit dem Semifinaleinzug geht auch der so kometenhafte Aufstieg von Misolic weiter. Am 7. Dezember 2020, also vor knapp einem Jahr und acht Monaten, war der Grazer damals mit fünf bescheidenen ATP-Zählern als Nummer 1219 noch in den hinteren Regionen der Weltrangliste anzutreffen. Heute steht er im Liveranking mit 346 Punkten auf Platz 158 und könnte sich mit einem weiteren Sieg sogar bis auf Rang 133 hieven und Österreichs neue Nummer eins werden, sollte Dennis Novak nicht beim ATP-125-Challenger in Zug in der Schweiz zumindest das Endspiel erreichen. Sein schon nach unten revidiertes Ziel in dieser Saison vom Erreichen der Top 150 müsste er dann wohl nochmal neu setzen. Auf jeden Fall ist Misolic der (mit Abstand) größte Preisgeldscheck seiner Karriere sicher, der fast das halbe Gesamtpreisgeld seiner bisherigen Profilaufbahn ausmacht. 27.885 Euro sind ihm sicher, ein Finaleinzug brächte 47.430 Euro.