Generali Open Kitzbühel: Neumayer gewinnt ÖTV-Duell mit Ofner
Um 9:30 Uhr in der Früh waren auch die Freikarten für die 1000 ersten Damen am Krone Ladies Day vergriffen. So steigt erstmalig in der neuen Ära des Generali Open Kitzbühel bereits der zweite Hauptfeldspieltag vor restlos ausverkauften Rängen. Die heimischen Tennisfans bekamen dabei auf dem Center Court im zweiten Match an diesem Dienstag ein rot-weiß-rotes Duell präsentiert – mit etwas überraschendem Ausgang. Denn Lukas Neumayer gelang es, Österreichs aktuelle Nummer eins Sebastian Ofner auszuschalten und damit seinen ersten Sieg im Hauptfeld eines ATP-Turniers zu feiern. Der Salzburger (ATP 289), der nach der Absage von Norwegens Superstar Casper Ruud erst kurzfristig eine Wildcard erhalten hatte, setzte sich gegen den auf fünf gesetzten Steirer (ATP 56) nach 2:15-stündigem Kampf mit 6:4, 4:6, 7:6 (3) durch, Ofner wirkte jedoch durch seine kürzlichen Fersenbeschwerden teilweise gehandicapt. Jetzt könnte für den 21-jährigen Neumayer, Staatsmeister von 2022 und 2023, sogar mehr drin sein: Im Achtelfinale am Mittwoch wartet auf ihn der gleichfalls mit einer Freikarte ausgerüstete US-Amerikaner Nicolas Moreno de Alboran (ATP 143) und hiermit eine lösbare Aufgabe.
Neumayer „extrem glücklich“: „Für mich war das immer mein größtes Turnier“
Im prallgefüllten Stadion entwickelte sich zwischen Neumayer und Ofner zunächst eine sehr ausgeglichene Partie. Ersterer, ausgestattet mit so einigem Selbstvertrauen nach dem vorwöchigen ITF-M25-Finaleinzug in Telfs, bekam schließlich Oberwasser, schaffte das Break zum 4:3 und bestätigte es trotz 15:40-Rückstand. Dank gewohnt aggressiver Spielweise sicherte er sich den ersten Satz bzw. im zweiten Durchgang gleich ein Break im ersten Game. Mit dem Rücken zur Wand kam Ofner auf, holte vier Games in Folge, ehe er zwar den Ausgleich zum 4:4 hinnehmen musste, doch ein weiteres Break brachte den Entscheidungssatz. Dort konnte der St. Mareiner die Aufschlagverluste zum 0:1 und 3:4 jeweils postwendend wettmachen, im Tiebreak behielt Neumayer dann aber – nach dem einen oder anderen glücklichen Ball zu Beginn – letztlich deutlich die Oberhand. „Extrem glücklich“ fühlte sich der Radstädter vor allem nach dem verwerteten, ersten Matchball, ganz besonders weil ihm der Premierenerfolg hier gelang: „Für mich war das immer mein größtes Turnier. Ich wollte immer schon in Kitzbühel vor dem großen Stadion spielen. Ich habe natürlich jedes Jahr im Fernsehen geschaut, auch als Dominic (Thiem; Anmerkung) gewonnen hat. Wir sind auch öfter zuschauen gefahren.“ Vor drei Jahren hatte er gleich die Qualifikation geschafft und den ersten Sieg im Hauptbewerb damals knapp verpasst – „aber umso glücklicher bin ich, dass ich jetzt die erste Runde gewonnen habe.“
Neumayer habe gewusst, dass er auf diesem Level mitspielen und gegen solche Gegner gewinnen könne: „Ich probiere einfach, geduldig zu bleiben, bis ich wirklich noch weiter nach oben komme. Aber ich weiß, dass ich das Level draufhabe. Ich trainiere jeden Tag so hart wie ich kann.“ Der Erfolg bringe ihm nun viel Selbstvertrauen. Bei einer 6:4,-2:0-Führung habe der Kopf „natürlich ein bisschen“ zu arbeiten begonnen, er habe sich über ein paar nachfolgende Fehler unnötigerweise geärgert. „Das passiert mir leider bisschen öfter, dass ich Satz und Break vorne bin und dann den Gegner wieder ins Spiel reinlasse. Aber ich bin glücklich, dass ich es im Dritten dann wieder gedreht habe.“ Die physischen Probleme von Ofner habe er auszublenden versucht und sich auf sich selbst fokussiert. Beim Finish sei auch das Glück ein wenig mehr auf seiner Seite gewesen. Vor Moreno de Alboran zeigte er sich gewarnt, trotz seines klaren 6:4,-6:1-Sieges beim bislang einzigen Duell der beiden, vor knappen zwei Jahren im Endspiel eines ITF-M25-Turniers in Madrid: „Es ist wahrscheinlich nicht so ein großer Name wie ein Ofner, aber ich glaube, der kann auch ziemlich gut Tennisspielen. Er ist auch ein extrem guter, aggressiver Spieler.“
Verletzungsgeplagter Ofner will Olympia „auf jeden Fall mitnehmen“
Ofner wollte bei seiner Pressekonferenz zwar nichts von Neumayers Erfolg wegnehmen, musste aber doch gestehen, dass die vor kurzem wiederaufgetretenen Fersenprobleme an ihm nagen würden: „Links ist es wieder deutlich mehr aufgetreten. Blöderweise ist es jetzt rechts auch dazugekommen“ – wohl als Folge einer Überlastung der rechten Ferse, durch die zuerst nur links vorhandenen Probleme. Es seien auch Entzündungen drinnen. Er habe schon vorm Spiel Schmerzmittel benötigt: „Ohne weiß ich nicht, ob es überhaupt möglich gewesen wäre“, zu spielen. Dass die Beschwerden jetzt wieder so akut sind, sei natürlich „nicht so lustig, auch mental. Es macht dann halt weniger Spaß, auf dem Platz zu stehen, wenn man einfach nur kämpft und weiß, man ist so weit weg von voll laufen, voll hinstellen. Ich fühle mich auf dem Platz teils so, dass ich keinen Richtungswechsel machen kann. Ich bin mal weit draußen und komme nicht mehr zurück (in die Platzmitte; Anmerkung). Spaß ist das nicht. Das ist reine Arbeit.“ Der 28-Jährige gab auch genauere Einblicke in sein Problem, er leide unter einer sogenannten Haglundferse, im Volksmund auch Überbein genannt: „Das ist genau an der Stelle, wo die Achillessehne ständig reibt. Dadurch ist die Achillessehne immer wieder entzündet.“ Das Überbein könne sich immer wieder neu bilden. Weiter kaputtmachen könne er sich durchs Spielen nichts, einzig die Gefahr eines Achillessehnenrisses oder -einrisses sei nicht ganz zu vernachlässigen.
Fest steht für Ofner allerdings: „Ich werde Olympia logischerweise mitnehmen, auf das freue ich mich schon mega“ – schließlich gäbe es Olympische Spiele bloß alle vier Jahre. „Da werde ich nochmal durchbeißen und alles geben. Dann muss ich schauen, wie’s mir geht und wie es weitergeht. Denn so wie’s jetzt im Moment ist, ist es taff und schaut es nicht so gut aus. Ich muss schauen, dass ich das irgendwie in den Griff kriege. So kann ich auf dem Level nicht weiterspielen.“ Die Gedanken, dass – im schlimmsten aller Fälle – auch wieder ein operativer Eingriff erforderlich werden könnte, die konnte Ofner nicht ganz verbergen: „Ich mache mir da schon ein bisschen Sorgen. Wenn da wieder was sein sollte – ich weiß, wie mühsam und zach das ist. Es wäre ein bisschen eine Katastrophe.“