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Spitzenleistung: Schwärzler verpasst nur hauchdünn US-Open-Doppelsieg

Der ÖTV-Jungstar verliert im Burschen-Doppelfinale in New York erst nach zwei Matchbällen.
Verfasst von: Manuel Wachta, 10.09.2023
© Philip Gille
Joel Schwärzler (3. von links) belegt mit Federico Bondioli (2. von links) den starken zweiten Platz beim Jugend-Grand-Slam-Turnier in Flushing Meadows.

Viel hat nicht gefehlt: Trotz Spitzenleistung hat Joel Schwärzler bei den US Open in New York lediglich hauchdünn den Titelgewinn im Juniorendoppel verpasst. Der 17 Jahre alte Vorarlberger musste sich in der frühen Nacht von Samstag auf Sonntag (nach MESZ) mit dem Italiener Federico Bondioli, zusammen auf sechs gereiht, im Finale den ungesetzten Max Dahlin (Schweden) und Oliver Ojakäär (Estland) nach bloß 1:02 Stunden Spielzeit mit 6:3, 3:6 und 9:11 im Match Tiebreak geschlagen geben. Dabei vergaben die beiden in der Entscheidung bei einer 9:7-Führung gar zwei Matchbälle. Schwärzler hatte immerhin als der erste Österreicher seit Lucas Miedler bei den French Open in Paris 2014 ein Jugend-Grand-Slam-Doppelfinale erreicht. Es bleibt jedoch bei drei rot-weiß-roten Titelträgern in dieser Kategorie: durch seinen Trainer, ÖTV-Sportdirektor und Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer, bei den Australian Open 1999, Nikolaus Moser bei den US Open 2008 und Miedler bei den Australian Open 2014, ebenfalls jeweils mit ausländischen Doppelpartnern.

Starker Erfolgslauf ohne Happy End

Schwärzler hatte in der letzten Woche beim ITF-J300-Vorbereitungsevent in Repentigny (Kanada) sogar das Double gefeiert und dabei mit Bondioli den Doppelbewerb gewonnen. Beim Jugend-Grand-Slam-Turnier in Flushing Meadows setzten die beiden ihren schönen Erfolgslauf munter fort, durch zwei Dreisatz- und dazwischen zwei Zweisatz-Siege. Sehr bemerkenswert war hierbei vor allem der Halbfinalcoup nach einem 6:7,-0:2- und 30:40-Rückstand gegen die Toppositionierten, Yaroslav Demin (Russland) und Rodrigo Pacheco Mendez (Mexiko), derzeit die Nummern eins und zwei der Jugendweltrangliste. Die Partie war witterungsbedingt von Freitag auf Samstag verlegt worden, nach dem 6:7-(4),-6:3,-10:6-Erfolg mussten Bondioli/Schwärzler noch am gleichen Tag das Endspiel bestreiten, das sich zunächst ebenfalls wegen Regens verzögerte. Statt um 21:00 Uhr betraten die vier Protagonisten erst nach Mitternacht nach MESZ Court 13 – wo Bondioli/Schwärzler zuvor ihr Match in der Vorschlussrunde erfolgreich absolviert hatten.

Bondioli/Schwärzler ließen sich von der Verzögerung keineswegs aus der Ruhe bringen, starteten gut ins Titelmatch. Die beiden nützten nach 40:30-Führung für Dahlin/Ojakäär gleich ihre erste und letztlich auch einzige Breakmöglichkeit der Partie zum 2:0, konnten sämtliche fünf Chancen ihrer Gegner (zwei im ersten Game, eine bei 3:1, zwei bei 4:2) im ersten Satz abwehren und servierten am Ende zu null aus. Im zweiten Durchgang ließen Dahlin/Ojakäär bei 2:1 noch zwei Breakbälle aus, schlugen schließlich jedoch zum 4:2 zu und erzwangen ein Match Tiebreak. Das für Bondioli/Schwärzler sehr unglücklich verlief. Gleich dreimal erspielten sich die beiden eine Minibreak-Führung, lagen 3:1, 6:3, 8:6 und 9:7 voran und hatten bei diesem Stand zwei Matchbälle. Doch es waren Dahlin/Ojakäär, die mit einem starken Finish und vier Punkten am Stück noch den Turnaround schafften. Schwärzler gratulierte bei der anschließenden Siegerehrung fair, dankte Doppelpartner Bondioli, seinem Betreuerteam, dem Veranstalter und den Ballkindern, sprach von einer dennoch „fantastischen Woche“.

„Ich bin extrem motiviert, so weiterzuarbeiten“

In der Tat war es für Schwärzler, trotz verfehlten Happy Ends, ein weiterer beachtlicher Erfolg, in einer bereits ganzen Reihe in diesem Jahr. Denn der U16-Einzel-Europameister 2022 hat heuer im Doppel nicht nur schon ein ITF-J500-Turnier, sondern zudem drei ITF-J300-Turniere für sich entschieden, Bronze bei der U18-WM in Klosters (Schweiz) geholt und kürzlich beim ITF-M15-Heimevent in Kottingbrunn gar seinen ersten internationalen Herrentitel abgeräumt. Die Enttäuschung über den so knapp verpassten Jugend-Grand-Slam-Sieg war freilich dennoch vorhanden, Schwärzler gab sich im Gespräch mit oetv.at rund eineinhalb Stunden nach dem Matchball allerdings sehr gefasst. Er habe das Finale „eigentlich ganz gut verdaut. Natürlich tut es auch weh, aber schlussendlich war es nur ein Doppel und es war trotzdem eine gute Leistung.“ Er könne sich „nicht viel vorwerfen. Wir haben beide nicht gut returniert, aber sie auch gut serviert. Wir haben nicht wirklich was falsch gemacht.“ Auch nicht bei Matchball bei eigenem Service, als die Siegchance groß war: „Es war eigentlich ein gutes Bodyserve, aber unser Gegner hat sich irgendwie noch wegbewegt und reflexartig den Ball schnell, knapp vor die Linie zurückreturnieren können“ – was schließlich die Wende einleiten sollte.

Mehr geschmerzt hat Schwärzler die Auftaktniederlage im Einzel, die allerdings auch der nicht idealen Vorbereitung geschuldet war: „Ich bin natürlich froh darüber, letzte Woche in Kanada das Einzel und Doppel gewonnen zu haben, bei einem stark besetzten Turnier. Aber es hatte in New York halt 16 Grad mehr, die Plätze sind hier schneller, dazu kommt noch die enorme Luftfeuchtigkeit. Ich hatte, nach neun Matches in der Vorwoche, keinen einzigen Tag Pause, kaum Zeit, um mich auf die Bedingungen einzustellen, habe bis zum heutigen Tag knappe zweieinhalb Wochen jeden Tag durchgespielt. Irgendwann ist dann auch der Körper nicht mehr ganz frisch.“ Trotzdem seien es zwei gute Wochen gewesen – „diese Woche weniger“ –, die ihm viel Rückenwind verleihen dürften: „Das gibt mir auf jeden Fall einen Schub. Ich bin extrem motiviert, so weiterzuarbeiten – motivierter denn je.“ Vor ihm liegen 2023 schließlich auch noch wichtige Ziele: „Ich möchte dieses Jahr in jedem Fall unter den Top Ten im ITF-Ranking abschließen – und ich würde gerne bei den ITF World Tennis Tour Junior Finals in Chengdu, China, mitspielen. Ich muss schauen, ob ich dort reinkomme.“ Die besten Acht sind qualifiziert, aber dank des einen oder anderen zu erwartenden Verzichts besteht die Chance. Als nächstes hat Schwärzler die LAYJET-OPEN eingeplant, beim ATP-125-Challenger in Bad Waltersdorf in der Steiermark werde er zumindest in der Qualifikation aufschlagen dürfen.

Gille sieht „brutales Ende“, Melzer „tolle Woche mit bitterem Beigeschmack“

„Unfassbar gute zwei Wochen, leider mit einem brutalen Ende“: So fasste Touring Coach Philip Gille, der Schwärzler diesmal vor Ort betreute, den Übersee-Trip indes zusammen. „Das waren heute zwei sehr, sehr starke Matches. Die Partie gegen Demin und Pacheco Mendez war auch sehr intensiv, mit harten, starken Ballwechseln, mit dem ein bisschen glücklicheren Ende für Joel. Zum zweiten Match weiß ich gar nicht, was ich sagen soll … ein bitteres Ende. Die Gegner waren zwar die ganze Zeit eigentlich ein bisschen besser, hatten mehr Breakbälle und haben besser aufgeschlagen, aber Joel und Federico haben sich unglaublich gut im Spiel gehalten und haben sich die Siegchance herausgearbeitet. Die letzten paar Zentimeter vor der Ziellinie waren dann leider nicht machbar“, trauerte Gille, bei aller Freude über das Erreichte, der vergebenen Titelchance nach. Schwärzler-Trainer Jürgen Melzer sprach von einer „tollen Woche mit einem bitteren Beigeschmack. Wenn du zwei Matchbälle im Finale hast, bist du natürlich extrem enttäuscht. Da willst du auch nicht hören, dass es eine gute Woche war. Aber mit etwas Abstand war es eine sehr coole Woche für ihn“, beurteilte der Ex-ATP-Top-Ten-Spieler im Einzel und Doppel.

| Philip Gille
© Philip Gille
Philip Gille (links) betreute Joel Schwärzler (rechts) auf dem Weg zum US-Open-Doppelfinale.
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