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Überraschung in Prerov: Sensationeller Joel Schwärzler ist U16-Europameister!

Die große ÖTV-Zukunftshoffnung lässt sich in Tschechien auch durch den hohen Turnierfavoriten nicht aufhalten.
Verfasst von: Manuel Wachta, 24.07.2022
© ÖTV
ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer mit seinem erfolgreichen Schützling Joel Schwärzler.

„Es wird eine sehr gute Leistung von Joel brauchen“: Das hatte ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer vor dem finalen Showdown angekündigt. Und genau eine solche ist ihm gelungen: Joel Schwärzler hat sich am Sonntagvormittag in Prerov, in der tschechischen Region Mähren nahe Olmütz, sensationell zum U16-Europameister gekürt. Der Vorarlberger hatte alle fünf Matches bis dahin ohne Satzverlust gewonnen, so wie auch sein Finalgegner, ließ sich im Endspiel der Jugend-EM aber auch vom hohen Turnierfavoriten nicht stoppen. Der 16-Jährige schlug den topgesetzten Spanier Martin Landaluce, immerhin bereits die Nummer neun der U18-Jugendweltrangliste, nach bloß rund 1:12 Stunden Spielzeit mit 6:4, 6:4. Schwärzler ist damit der erste österreichische Jugend-Europameister seit dem Doppelerfolg von Michael Frank und Lukas Neumayer in Moskau 2018 und der erste im Einzel seit Lucas Miedler 2012, ebenso in der russischen Hauptstadt und jeweils in der Altersklasse U16. Für den Double-Sieger der ÖTV-Jugend-Hallenmeisterschaften U18 und erst vor drei Wochen Titelträger des ITF-J2-Turniers in Pilsen ist es der bislang eindeutig größte internationale Erfolg in seiner noch jungen, so vielversprechenden Karriere. Er wurde dafür mit der Goldmedaille und dem Siegerpokal entsprechend gewürdigt.

„Richtig happy“ – und auch eine Stunde danach noch nervös

Gar keinen Hehl hatte Schwärzler draus gemacht, dass es „schon was Besonderes“ sei, im Endspiel der Jugend-EM zu stehen. Dort wolle er, als klarer Außenseiter, „ohne Druck“ spielen. Dieser schien tatsächlich anfangs den Favoriten Landaluce zu belasten, der ein wenig gehemmt wirkte, vor allem aber von Schwärzlers starkem Start am falschen Fuß erwischt wurde. Der Harder erspielte sich sogleich die 2:0-Führung, samt zwei Chancen auf das Doppelbreak, das jedoch nicht gelang. Nachdem er nach 40:0-Führung noch den Aufschlag zum 2:2 verlor, reagierte er darauf perfekt, schnappte sich zu null wieder das Break zum 3:2 und brachte den Vorsprung diesmal durch. Beeindruckend war auch, wie Schwärzler in den zweiten Satz startete, keine Spur von Nachlassen: Mit einem Run von 8:0 in Punkten sicherte er sich neuerlich eine schnelle 2:0-Führung und ließ sich danach die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Unerhört souverän spulte er, dank diesmal weit besserer Aufschlagleistung, seine Servicegames ab. Und zeigte auch beim Ausservieren vermeintlich keine Nerven mehr: Zu null machte er den Sack zu und konnte in Richtung von Melzer, der ihn bei seinem bisher größten Erfolg vor Ort betreute, jubeln.

Sogar eine Stunde nach seinem Coup, bei der Heimfahrt Richtung Österreich, zeigte sich Schwärzler „immer noch aufgeregt, aus irgendeinem Grund nervös. Ich bin richtig happy über den Sieg.“ Den er sich mit einer sensationellen, ungemein druckvollen und dennoch äußerst fehlerarmen Leistung auch verdiente: „Ich habe heute mit Abstand mein bestes Spielniveau im Turnierverlauf gezeigt. Ich hatte keinen Druck, habe nicht gejammert. Ich wusste, dass er zwar der Favorit ist, aber ich Chancen besitze. Und ich habe von Beginn weg genau gespielt, was ich vorab mit Jürgen besprochen hatte.“ Wie das Erfolgsrezept gegen den ungemein starken Landaluce, der heuer bereits drei ITF-J1- und zwei ITF-J2-Turniere für sich entscheiden hatte können, aussah? „Beim ersten Aufschlag mehr über seine Vorhand zu gehen, weil er bei der Rückhand richtig stabil ist. Viel mit Höhe spielen, in unterschiedlichen Höhen, und Flugbahnen einzustreuen. Und immer zu schauen, dass ich die Ballwechsel kontrolliere.“ Und so stand Schwärzler nach knapp über 70 Minuten tatsächlich zum Ausservieren bereit. Was souverän gelang, aber dennoch keinesfalls so leichtfiel, wie es aussah: „Ich war da extrem nervös“, gestand der heimische Youngster lächelnd. „Aber zum Glück sind da die ersten Aufschläge gekommen. Ich habe ein richtig gutes letztes Game gespielt, da konnte er nichts machen.“ Für ihn war’s das erste Duell mit einem Spieler aus den Top Ten in der Jugendweltrangliste – und es endete so gleich mit diesem großen Sieg, der eine Menge Selbstvertrauen für den European Summer Cup bringt. Dort wird Schwärzler Österreichs U16-Auswahl ab 27. Juli in Liberec, ebenfalls in seinem Erfolgsland Tschechien, verstärken. Danach wolle er sein ITF-Jugendranking von aktuell Platz 116 mit weiteren guten Turnierleistungen deutlich verbessern.

Melzer stolz: „Er hat seinen Gegner an die Wand gespielt“

Mit seinem Triumph in Tschechien hat sich Schwärzler nur einerseits selbst überrascht: „Dass ich ins Endspiel kommen könnte, das wusste ich schon, als ich den Draw gesehen habe. Meinen Gegner im Halbfinale, den hatte ich schon bei meinem Turniersieg in Pilsen geschlagen. Also meine Chance habe ich schon gesehen. Dass ich heute auch gewinnen würde, das war hingegen wohl weniger klar. Aber ich habe einen Supertag erwischt.“ Mit dem er auch Melzer voll und ganz begeisterte: „Was mir extrem getaugt hat, ist, dass er jenen Matchplan, den wir vorher besprochen haben, wie man Landaluce knacken könnte, vom ersten bis zum letzten Punkt durchgezogen hat. Wir haben gewusst, dass er sicher der schwerste Gegner sein wird. Wenn man sich seine Ergebnisse heuer anschaut, dann weiß man, dass der gut ist. Wichtig war für mich, dass er in die Partie reingeht und dran glaubt, es gewinnen zu können. Nach dem ersten Game, in dem er ihn sogleich gebreakt hat, habe ich sofort gewusst: Das tut er.“ Was folgte, war „eine sehr, sehr gute Leistung von Joel. Da müsste ich schon sehr suchen, was nicht so ganz gepasst hat. Ich bin stolz auf ihn, dass er das so durchgezogen und seinen Gegner an die Wand gespielt hat – und exakt das hat er. Es war ein absolut verdienter Finalsieg. Sein Gegner hat nicht sehr viel gehabt, womit er heute dagegenhalten hat können.“

Einer der dabei gewiss entscheidenden Faktoren: „Der Unterschied zu den letzten Tagen war, dass er heute wirklich gut serviert hat und nicht immer über den zweiten Aufschlag gehen musste. Joel hat ihm sein Tempo aufgezwungen und man hat dann gemerkt, dass der mit diesem Tempo teilweise überfordert war. Der Aufschlag war heute der Schlüssel zum Erfolg, neben den guten Grundschlägen, die er wieder ausgepackt hat.“ Das Turnier letztlich sogar ohne Satzverlust zu gewinnen, „das kann sich schon auch sehen lassen.“ Fest steht: Mit Schwärzler besitzt Österreichs Jugendtennis eine weitere, überaus heiße Tennisaktie. Die Erfolge dann auch ins Herrentennis umzumünzen, ist jedoch wieder eine ganz andere Herausforderung, an der letztlich auch viele Talente am Ende scheitern. Bei Schwärzler zeigte sich Melzer allerdings recht zuversichtlich: „Mit der heutigen Leistung: definitiv. Er hat bewiesen, dass er die Nerven auch in einem großen Finale im Zaum hält. Was er in vorherigen Partien noch an mentalen Schwächen offenbart hat, mit zu viel an Raunzerei, das hat er heute einfach weggelassen. Ich hoffe, dass er selbst gemerkt hat, wie ihn dies zu einem anderen Spieler macht. Heute ist ein richtiger Mann auf dem Platz gestanden.“ Es müsse aber das Ziel sein, „dort nicht nur gegen Topgegner hinzukommen – sondern auch in der täglichen Arbeit und ebenso bei den anderen Turnieren und gegen weniger starke Gegner. Darauf wird es letztlich mit ankommen.“

Hier alle Ergebnisse der Jugend-Europameisterschaften.

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