ITF Pilsen: Schwärzler feiert größten internationalen Karriereerfolg
Seit seinem Double bei den ÖTV-Jugend-Hallenmeisterschaften U18 in Güssing am 22.3. war es für ihn nicht gerade nach Wunsch gelaufen. Doch jetzt hat Joel Schwärzler seine kleine Erfolgspause beendet – und das gar mit dem bisher größten internationalen Coup seiner jungen Karriere. Denn der 16-Jährige hat am Sonntag in Pilsen seinen dritten ITF-Jugendtitel eingefahren, nach zwei J5-Turniersiegen in Ostrava und Seefeld im Vorjahr diesmal seinen ersten bei einem J2-Event. Einer Kategorie, bei der er bis dato nie übers Achtelfinale hinausgekommen war. Nachdem der Vorarlberger am Samstag auch bereits den Doppelbewerb mit dem Chinesen Ye Hongyu für sich entschieden hatte, ist das sein bereits dritter Doublegewinn bei den ITF-Junioren. Im Doppel hatte er heuer in Hannover mit Landsmann Matthias Ujvary bereits ein Grade-2-Turnier an sich reißen können.
Finalcoup trotz anfänglich falscher Taktik
Schwärzler hatte sich in der ersten Runde noch zu einem knappen 6:1, 6:7 (5), 6:4 gegen den tschechischen Wildcard-Besitzer Filip Hanzelin geplagt. „Ich war noch nicht wirklich eingespielt, musste erst mal reinkommen. Das war eigentlich mein schwächster Gegner im Turnierverlauf“, erzählte der ÖTV-Vertragsspieler. Die nächsten drei Matches gewann er dann allesamt ohne Satzverlust: „Ich habe mich nach jedem Match gesteigert und bis zum Finale richtig gut gespielt. Dort war’s dann richtig knapp.“ Doch er konnte auch den zweitgesetzten Tschechen Vojtech Petr, immerhin Nummer 69 der Jugendweltrangliste, mit 2:6, 6:4, 6:2 stoppen – der dritte Sieg in Serie gegen einen im Ranking (teils deutlich) besser klassierten Spieler und der bisher größte internationale Titelgewinn, der erste im Einzel in dieser Saison. Er hatte 2022 bislang zuvor noch kein Semifinale erreicht.
Der Finalcoup glückte, „obwohl ich am Anfang die falsche Taktik gespielt habe. Er hat da auch richtig, richtig gut gespielt – und ich war zuerst zu offensiv. Er steht eigentlich nur hinten, will rennen und spielt auch aus der Defensive meist mit guter Länge zurück, aber er macht nicht gerne selbst den Punkt und lässt lieber den Gegner spielen. Also habe ich nach dem ersten Satz dann nicht zu offensiv gespielt, ihn machen lassen – und so habe ich das Match gedreht. Es war aber sehr, sehr knapp.“ Schwärzler hatte vor dem Turnier schon die Aufwärtstendenz gespürt und sich in Tschechien gute Chancen ausgerechnet. „Ich habe zwar gewusst, dass ich auf dem Level voll mitspielen kann und Chancen habe, aber dass es gleich der Turniersieg wird, das kommt schon sehr überraschend. Und dass es dann auch noch das Einzel und das Doppel geworden ist.“
„Wenn es immer so läuft, dann gerne auch mein ganzes Leben“
Vor dem Turnier hatte sich Schwärzler gedacht: „Ein Viertel- oder Semifinale wäre super und ist möglich. Als ich das dann erreicht hatte, habe ich keinen Druck mehr gespürt, ich hatte nichts zu verlieren und habe danach locker gespielt.“ Zudem habe er sich generell „sehr, sehr wohl gefühlt, immer mehr nach jedem Spiel.“ Daran hatte auch der erfahrene BMTC-Trainer Philip Gille, der dem ÖTV-Talent letzte Woche dieses Mal als Touring Coach aushalf, seinen Anteil: „Wir haben super harmoniert, verstehen uns richtig gut. Ich hätte nichts dagegen, wenn er mich wieder einmal auf ein Turnier begleitet. Wenn es immer so läuft, dann gerne auch mein ganzes Leben“, lachte Schwärzler. „Es hat richtig viel Spaß gemacht.“ Da stimmte Gille zu: „Wir haben wirklich gut zusammengearbeitet. Wenn man mit wem nicht trainiert, ist es immer schwierig, die ersten Schritte bei einem Turnier zu machen. Aber wir haben uns gleich sehr gut verstanden. Er ist extrem sympathisch und offen, wir haben keine Probleme gehabt – was On-court und Off-court anging.“
Bekanntschaft gemacht hatte Gille mit Schwärzler freilich schon vor ein paar Jahren als er mit Liel Marlies Rothensteiner gearbeitet hatte und dieser noch bei den Burschen U12 und U14 gespielt hatte. „Mit Jürgen Melzer (ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän; Anmerkung) war ausgemacht, dass ich mir vor Pilsen ein, zwei Trainings von Joel in der Südstadt anschaue.“ Anhand dessen war Gille klar: „Schlagtechnisch kann er ein Turnier wie jenes in Pilsen gewinnen. Es ist jedoch immer eine Frage des Mentalen, ob du dir das zutraust, dein Spiel zu spielen“ – und natürlich Einstellungssache: „Wir haben versucht, alles positiv zu nehmen und locker zu bleiben, das Gute herauszuheben, uns kleine Ziele zu stecken. Wir haben jedes Match so genommen, wie’s kommt und nicht auf den Raster geschaut. Alles Match für Match gesehen, Spiel für Spiel. Das ist super gelungen.“ Nach dem Auftaktsieg sei alles ins Laufen gekommen. Genauso im Doppel, wo Schwärzler und Hongyu alle vier Partien gegen tschechische Paarungen gewannen, drei davon im Match Tiebreak, das Endspiel gegen Jakub Filip und Tomas Zlatohlavek mit 4:6, 6:3, 10:6. Beide Finals seien laut Gille „sehr hochklassig“ gewesen.
US-Open-Juniorenbewerb kommt in Reichweite
In der Jugendweltrangliste hat Schwärzler am Montag einen riesigen Sprung nach vorne gemacht: um 91 Plätze bis auf Position 119, seine bisher klar beste Karriereplatzierung. „Das geht in die richtige Richtung.“ Und damit auch Richtung Junioren-Grand-Slams. Die Qualifikation bei diesen schon bei den US Open im September spielen zu können, scheint nun alles andere als unrealistisch. Dies sei auch das nächste Ziel. Schwärzler wolle sich hierbei aber keinen Druck machen. Es sei eine Chance – die er in dieser Woche durchaus weiter vergrößern könnte: Der Youngster reist am Dienstag zu einem ITF-J3-Turnier, das erst am Mittwoch mit dem Hauptbewerb beginnt, wieder in Tschechien, diesmal in Prag. Fest steht eines: „Das Selbstbewusstsein ist nach dieser letzten Woche natürlich weiter oben. Hoffentlich läuft’s in Prag genauso. Ich werde mein Bestes probieren.“ Dieses Mal wird er von Ex-Gerald-Melzer-Coach Marco Hammerl begleitet werden.