Halbfinalbarriere durchbrochen: 1. ATP-Finale für Ofner auf Mallorca
Im vierten Anlauf hat’s geklappt: Sebastian Ofner hat zum ersten Mal in seiner Laufbahn das Finale eines ATP-Turniers erreicht. Der Steirer (ATP 54) vermochte im Semifinale der Mallorca Championships presented by waterdrop® am Freitag den Überraschungsmann Paul Jubb (ATP 289), der im Viertelfinale den topgesetzten US-Shootingstar Ben Shelton (ATP 14) sensationell eliminiert hatte, zu stoppen. Der 28-Jährige setzte sich am Abend gegen den britischen Qualifikanten nach 82 Minuten Spielzeit mit 6:4, 7:5 durch. Hiermit spielt der Schützling aus der ATC-Akademie von Wolfgang Thiem am Samstag um 15:00 Uhr MESZ beim ATP-250-Rasenevent gegen den viertgereihten Chilenen Alejandro Tabilo (ATP 24) um seinen ersten Titel auf der ATP-Tour. Der Südamerikaner hatte zuvor den an sechs gesetzten, französischen Publikumsliebling Gael Monfils (ATP 40) mit 2:6, 6:2, 7:6 (3) rausgenommen. Ofner hat gegen Tabilo aber eine 1:0-Bilanz: Das bisher einzige Duell gewann er letztes Jahr in der Qualifikation der Australian Open in Melbourne mit 6:4, 7:6 (4). Von der Vollendung des großen Coups darf also mit Recht geträumt werden. Die tolle Form kommt in der Woche vorm Grand-Slam-Turnier in Wimbledon auch gerade recht.
Als 10. Österreicher zum 80. ATP-Titel? Jubiläen greifbar
Ofner hatte bei all seinen drei vorangegangenen Semifinalteilnahmen in Kitzbühel 2017, Astana 2023 und Hongkong zu Saisonbeginn 2024 immerzu den Kürzeren gezogen. Nun gelang es ihm erstmals, diese Barriere zu durchbrechen. Er ist somit der erste rot-weiß-rote ATP-Tour-Einzelfinalist seit ÖTV-Allzeitgröße Dominic Thiem bei den Generali Open Kitzbühel 2023 und besitzt die Chance, sich am Samstag als zehnter Österreicher in die Siegerlisten auf der Herren-Profitour einzutragen, nach Thomas Muster (44 Titel), Thiem (17), ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer (5), Horst Skoff (4), Peter Feigl (3), Stefan Koubek (3), Hans Kary (1), Alexander Antonitsch (1) und Gilbert Schaller (1). Und noch ein weiteres Jubiläum wäre zugleich möglich: Insgesamt könnte es der 80. ATP-Einzeltriumph für einen heimischen Akteur werden. Doch auch mit dem Finaleinzug reiht sich Ofner bereits in eine Liste mit Markus Hipfl, Werner Eschauer, Andreas Haider-Maurer und Filip Misolic, die gleichfalls jeweils ein ATP-Endspiel erreicht hatten. Dem St. Mareiner sind indes 165 ATP-Punkte gewiss, mit denen er in der Weltrangliste in die Top 50 zurückkehren wird, auf Platz 45. Ein Finalerfolg brächte weitere 85 Zähler und Rang 42, fünf Positionen hinter seinem bisherigen Career High.
Ofner kann sich auf seinen Aufschlag verlassen
Ofner hatte in den ersten drei Runden den Einheimischen Jaume Munar (3:6, 6:4, 7:6 (4)), seinen fünftgesetzten, italienischen Doppelpartner Luciano Darderi (6:3, 7:5) sowie den US-Youngster Alex Michelsen (3:6, 7:5, 6:3) bezwungen. Gegen Jubb musste er, ganz im Gegensatz zum Vortag, diesmal nicht mit dem Wind kämpfen und kam so auf die höchst imposante Aufschlagstatistik von 15 Assen (bei nur einem Doppelfehler) und 90 Prozent an gewonnenen Punkten übers erste Service. Er musste im gesamten Match kein Break gegen sich hinnehmen – Jubb hingegen bereits im dritten Game, als Ofner die erste und einzige Gelegenheit im ersten Satz umgehend ergriff. Im zweiten Abschnitt ließen beide zunächst je eine Chance als Rückschläger aus, wobei Ofner bei 4:5 sogar einen Satzball per Ass zunichtemachte. „Wenn ich confident bin, dann kann ich mich immer wieder auf mein Service verlassen. Das hat zweimal super funktioniert“, befand er nach der Partie. Das zweite Mal, nachdem er Jubb nach dessen zwei Spielbällen im elften Game letztlich doch den Aufschlag zum 6:5 abnahm und nach Abwehr von nochmal einer Breakchance ausservieren konnte – mit insgesamt vier Assen allein in diesem Game. „Ich finde, dass ich generell einfach gut drauf bin, und ich wollte einfach von Anfang an zeigen, dass ich nochmal ein anderer Gegner bin“, erklärte er.
Meilenstein? Ja, aber …
Mit einem strahlenden Lächeln jubelte Ofner in Richtung einer rot-weiß-roten Fangruppe auf Mallorca, die ihn vehement angefeuert hatte. „Das erste ATP-Finale ist, glaube ich, immer was Besonderes“, befand er, „vor allem jetzt auf Rasen, weil ich da generell den ersten großen Erfolg in meiner Karriere gehabt habe (dritte Runde in Wimbledon 2017; Anmerkung).“ Jener Belag, auf dem er in den letzten Wochen knappe Auftaktniederlagen kassiert hatte. „Unglaublich vor allem nach den ersten zwei Rasenturnieren, dass ich es jetzt so rübergebracht habe. Ich habe dabei auch wirklich gute Matches gespielt und bin natürlich megahappy.“ Sein erstmaliger Finaleinzug sei „sicher ein Meilenstein, aber ein noch größerer Meilenstein wäre natürlich der erste ATP-Titel. Aber das erste Finale jetzt mal ist schon nochmal so ein kleiner Durchbruch, weil ich bereits dreimal ein Semifinale gespielt habe, und jetzt also endlich mal das erste Finale. Das ist eigentlich unglaublich – wurscht, wie das morgen ausgeht.“ Ofner erwartet dabei eine echte Challenge: „Tabilo ist ein super Spieler, da muss ich eine gute Leistung zeigen. Ich glaube, dass das richtig schwierig wird, weil er ein Lefty ist – das macht das Ganze nochmal schwieriger, finde ich. Und er spielt heuer bis jetzt eine unglaubliche Saison. Man merkt es auch, dass er komplett confident ist und beim Spielen eigentlich überhaupt nicht nachdenkt.“ Der von Hoffnung erfüllte Nachsatz: „Aber vielleicht bringe ich ihn morgen dazu …“