Generali Open Kitzbühel: Sensationeller Ofner kämpft Gasquet nieder
Bis auf die Qualifikations-Auftaktniederlage für Lukas Neumayer waren die Österreicher beim Generali Open Kitzbühel zunächst im Einzel ungeschlagen geblieben. Der rot-weiß-rote Erfolgszug in der Gamsstadt ist am Dienstag zunächst gestoppt worden. Nachdem Filip Misolic und Jurij Rodionov am Montag ins Achtelfinale des ATP-250-Heimevents am Fuße des Hahnenkamms eingezogen waren, hat sich Gerald Melzer an diesem weiteren, großen Österreicher-Tag zuerst verabschieden müssen, er musste gegen den Deutschen Yannick Hanfmann (ATP 140) beim Spielstand von 4:6, 1:1 und 0:30 bei eigenem Service aufgrund einer Oberschenkelverletzung aufgeben. Anschließend glückte Ofner (ATP 235) jedoch die Überraschung gegen den erfahrenen Franzosen Richard Gasquet (ATP 79): Mit einem 1:6, 7:5, 7:5 über den Ex-Weltranglistensiebten zog er, nach einem sensationellen Fight vor begeisterten Zusehern auf dem Center Court, in die zweite Hauptrunde ein. Im letzten Match des Tages gibt es noch einmal eine Chance auf einen vierten Österreicher, der weiterkommen könnte. Dominic Thiem (ATP 199) bestreitet um 19:30 Uhr (so wie die gesamte Woche über live auf ServusTV) seine Auftaktpartie gegen den russischen Lucky Loser Alexander Shevchenko (ATP 157). Der Sieger der Begegnung trifft auf Ofner.
„Saubitter“: Enttäuschter Melzer muss passen
Melzer hatte in Kitzbühel mit dem Halbfinaleinzug 2016 und dem Viertelfinale 2017 zwei schöne Erfolge auf ATP-Ebene erreicht und kehrte nach seiner langen Verletzungspause erstmals nach vier Jahren zum Turnier zurück. Den Strapazen vom Viertelfinal-Aus beim ATP-Challenger in Tampere am Freitag nach 3:53 Stunden Spielzeit und von zwei harten Qualifikationspartien vom Wochenende zollte er allerdings Tribut. Der Niederösterreicher startete gegen den Kitz-Finalisten von 2020 mit dem Break zum 2:0 zwar gut, kassierte aber sofort das Rebreak und einen weiteren Aufschlagverlust zum 4:5. Nach verlorenem erstem Satz beriet sich der 32-Jährige in der Pause mit dem ATP-Physiotherapeuten. Er spielte zunächst weiter, drehte im ersten Game noch ein 15:40, doch schritt letztlich bei 0:30 im dritten Game zum Handshake.
„Saubitter. Ich habe jetzt in den letzten Jahren nicht so oft die Gelegenheit gehabt, vor so einem Publikum zu spielen“, war Melzer enttäuscht. „Wahrscheinlich hätte ich mir in der letzten Qualirunde den dritten Satz ersparen müssen.“ Da hatte es ihm einen ersten Stich im Oberschenkel gegeben, der zweite folgte schließlich bei einem langen Schritt im ersten Satz gegen Hanfmann. Auch alle intensiven Bemühungen durch das medizinische Team vor Ort, dem der Deutsch-Wagramer explizit nochmal dankte, hatten die Probleme so kurzfristig nicht lösen können. Immerhin geht Melzer von keiner gröberen Verletzung aus: „Ich glaube, dass es nach ein paar Tagen Pause wieder geht.“ Deutsche Bundesliga am Sonntag und der eingeplante, nächstwöchige ATP-Challenger in Liberec (Tschechien) würden aber voraussichtlich noch ein wenig zu früh kommen.
Ofner dreht Partie: „Ich habe Gänsehaut gehabt“
Ofner war bei seinem Kitzbühel-Debüt 2017 sensationell ins Semifinale vorgedrungen. In diesem Jahr dagegen schien er nach zwei überzeugenden Siegen in der Qualifikation auf Weg zum Aus in der ersten Hauptrunde zu sein. Denn nachdem er im ersten Satz von 1:1 an keinen Gamegewinn mehr verbuchte und im zweiten nach Chancen auf beiden Seiten das Break zum 2:3 kassierte, sah es bereits schlecht aus. Doch Ofner fing sich, schaffte das sofortige Rebreak und im zwölften Spiel trotz 40:15 für Gasquet ein weiteres Break zum Satzausgleich. Im entscheidenden, dritten Durchgang lief er neuerlich einem Break, diesmal sogleich ab dem ersten Game, nach. Und zwar diesmal länger, ehe ihm unter der lautstarken Unterstützung vonseiten des Heimpublikums der Ausgleich zum 4:4 glückte. Mit großartigem Kampfgeist wehrte er im nächsten Game noch zwei Breakmöglichkeiten ab – und brachte Gasquet allmählich zur Verzweiflung. Wütend pfefferte der 36-Jährige seinen Schläger in den Kitzbüheler Sand.
Doch es sollte noch dicker für den immerhin 15-fachen ATP-Titelträger kommen, dessen starken Stoppbälle im Finish keine Wirkung mehr zeigten, von Ofner zunehmend erlaufen und trocken weggemacht wurden. In einem intensiven Marathongame vergab Ofner erst drei Matchbälle und Gasquet einen Spielball zum 6:6, beim vierten Matchball machte der Österreicher allerdings den Sack zu. „Jetzt zum Schluss das enge Game bei 6:5, da habe ich Gänsehaut auf dem Platz gehabt. Danke dafür!“, lächelte Ofner nach diesem großen, beeindruckenden Erfolg. „Es ist unglaublich. Die Atmosphäre war ein Wahnsinn. Ich habe jedes Mal bei einem wichtigen Punkt eine super Unterstützung bekommen. Das beflügelt unglaublich und ist natürlich megageil.“ Was der Schlüssel für ihn gewesen sei? Er habe im ersten Satz noch versucht, sein Spiel zu spielen, doch dabei zu viele Fehler gemacht. Nach dem Rebreak zum 3:3 habe er sich dann gedacht: „Jetzt starte ich mal, die Rallies mit ihm mitzuspielen, bis zur Vergasung, weil ich das Gefühl gehabt habe, er kann mir so von hinten – außer mit den Winkeln, die hat er echt gut gespielt – jetzt nicht so wirklich wehtun. Und das hat gepasst“, die taktische Veränderung trug Früchte.
Titelverteidiger Erler/Miedler raus, Oberleitner/Rodionov und Oswald weiter
Im Doppelbewerb gab es am Dienstag aus rot-weiß-roter Sicht zwei Erfolgserlebnisse in drei Partien. Begonnen hatte es dabei noch schlecht, denn die Titelverteidiger Alexander Erler und Lucas Miedler schieden heuer sogleich in der Auftaktrunde aus. Der Tiroler und der Niederösterreicher, die am Sonntag noch den ATP-Challenger in Tampere gewonnen hatten, mussten sich den Niederländern Tallon Griekspoor und Bart Stevens mit 3:6, 6:1 und 4:10 beugen. Erler/Miedler holten im Match Tiebreak einen schnellen 0:2-Rückstand zum 2:2 auf, verloren dann aber fünf Punkte in Serie – das war die Vorentscheidung. Für eine Überraschung sorgten anschließend Neil Oberleitner und Jurij Rodionov: Der Wiener und der Niederösterreicher eliminierten die viertgereihten Belgier Sander Gille und Joran Vliegen, immerhin Kitzbühel-Finalisten von 2019, nach 2:5- und 5:7-Rückstand im Match Tiebreak mit 6:4, 3:6, 11:9. Für den aufstrebenden Oberleitner war’s der erste Matchsieg auf ATP-Level, für Rodionov ebenfalls – aus einem anderen Grund: „Ich spiele nicht allzu oft Doppel, aber es macht jedes Mal richtig viel Spaß“, schrieb der heimische Davis-Cup-Spieler daraufhin auf seiner offiziellen facebook-Fanseite. „Neil Oberleitner ist ein super Kerl, wir freuen uns beide sehr über diesen Sieg und auf die nächste Runde.“
Das darf auch Philipp Oswald mit seinem Partner Robin Haase. Die vorwöchigen Gstaad-Finalisten bezwangen in der Auftaktbegegnung die Alternates-Paarung Jonathan Erlich (Israel) und Joao Sousa (Portugal) 6:4, 6:4. Der Vorarlberger und der Niederländer ließen sich im ersten Satz ein Break zu null im ersten Game nicht mehr nehmen, mussten bloß bei 4:3 noch einen Breakball abwehren. Im zweiten Durchgang kassierten sie aufs erste Break zum 2:1 nach 40:30 noch das Rebreak, schlugen aber nach 40:0 für Erlich/Sousa gleich nochmal zum 3:2 zu und brachten die Führung dann ins Trockene. Im Viertelfinale bekommen es Haase/Oswald erst am Donnerstag mit den Franzosen Sadio Doumbia und Fabien Reboul zu tun. Auch Oberleitner/Rodionov spielen erst am Donnerstag weiter, wo der Spanier Pedro Martínez Portero und der Italiener Lorenzo Sonego warten. Die Sieger dieser zwei Begegnungen treffen im Halbfinale aufeinander, dort wäre also ein rot-weiß-rotes Duell möglich.